Klimapolitik - neues Buch zum Klimawandel

aktuell, 13.04.2008

Welche politischen Konsequenzen zieht man aus den Fakten zum Klimawandel?

Analysiert man die Handlungsmöglichkeiten der Politik global, können drei Wege einschlagen werden. Die beiden Extremlösungen sind eine radikale Abstinenz vom CO2, oder ein weiter so wie bisher. Die kurzfristige radikale Abstinenz vom CO2 fordert insbesondere die Umweltlobby. Sinnvolle oder auch nur einigermaßen realistische Lösungen der Vernunft für diese Welt liegen zwischen diesen Extremen.

Bei einem ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen setzt man rein auf die Hoffnung, dass die Prognosen der Klimaforscher nicht stimmen oder wenn doch, dass in nicht allzu ferner Zukunft der CO2 –Ausstoß durch technische Entwicklungen einfach zu verhindern ist oder CO2 einfach aus der Luft entfernt werden kann. Die Option, künstlich in die Atmosphäre zur Abkühlung einzugreifen, könnte ebenfalls für eine unveränderte Emission von CO2 sprechen. Auch der Gedanke, dass die Auswirkungen vielleicht doch nicht so gewaltig wie vorhergesagt sind, mag den einen oder anderen zu diesem Weg neigen lassen.

Zurzeit sind diese Techniken nicht verfügbar und reine Gedankenspiele. Ein schönes Beispiel ist das CO2 –freie Kohlekraftwerk. Vor dem Jahr 2030 ist nicht mit einem Einsatz in alte Kraftwerkstypen zu rechnen. Bis heute (Anfang 2008) gibt es kein einziges Kohlekraftwerk weltweit, welches ohne die Emission von CO2 auskommt. Auch die Vision mit Hilfe z.B. von Algen CO2 aus der Luft zu gewinnen, steckt in den Kinderschuhen 32.

Aufgrund der Risikogemengelage, die mit dem globalen Treibhauseffekt verbunden ist, bleibt dem verantwortungsbewussten Politiker gar keine andere Wahl, als grundsätzlich anzustreben, den Kohlendioxidausstoß global und national zumindest teilweise zu begrenzen, um keinen unkontrollierten Temperaturanstieg zu riskieren.Es lässt sich leider nicht abwarten, ob sich die Prognosen für die nächsten hundert Jahre oder noch länger bewahrheiten. Wenn man erst in fünfzig Jahren handelt, dann ist die Entwicklung bis zum Jahr 2150 mehr oder weniger bestimmt. Auch die Begrenztheit der Ressourcen, beim Uran wenige Jahrzehnte, beim Öl ca. 100 Jahre und bei Kohle je nach wirtschaftlicher Entwicklung 200-300 Jahre lässt nur die Option eines langsamen Wechsels zu.

Ein radikaler Umbau, also der Versuch einen raschen extremen Verzicht auf den Ausstoß von Kohlendioxid zu üben, ist ebenfalls nicht sehr sinnvoll, da die damit verbundenen Kosten des Übergangs (Wegfall von Millionen von Arbeitsplätzen) für moderne Volkswirtschaften zumindest in den nächsten Jahrzehnten nicht zu unterschätzen sind. Besonders auf nationaler Ebene ist eine Extremreduktion wirtschaftlich undenkbar schädlich, da Firmen in benachbarte Länder ausweichen werden, um die Restriktionen zum umgehen. Daher funktioniert auch nur ein mehr oder weniger konzertiertes Vorgehen auf internationalem Niveau.

Auf globaler Ebene gibt es also keinen Ausweg, um eine Reduktion von CO2 zu vermeiden. Die Kohlendioxid-Emissionen dürfen zumindest nicht weiter ansteigen, bzw. müssen nach 2020 auch sinken. Mit dieser langsamen Trendwende, die schon schwer genug zu schaffen sein dürfte, besteht auch die Chance, später stärker auf den Treibhauseffekt zu reagieren.

Wie könnte ein konkretes globales Co2-Ziel aussehen? Die EU, aber auch weite Teile der UNO fordern eine Begrenzung des Treibhauseffektes auf 2 ° C-Erwärmung 33. Rechnet man dies auf eine konkrete CO2-Emission pro Kopf um, dürften daher auf Basis der Bevölkerung des Jahres 2006 nicht mehr als 3 Tonnen Co2 pro Kopf weltweit ausgestoßen werden. Bei steigender Erdbevölkerung werden die Emissionen sogar auf 2 Tonnen pro Kopf begrenzt werden müssen, wenn man auf Dauer nicht eine Erwärmung von über 2 ° C tolerieren möchte.

Gleiche Emissionen pro Kopf weltweit, fordert z.B. auch die deutsche Bundesregierung um faire und gleiche Bedingungen für alle Länder der Erde herzustellen 34. Allerdings bedeutet dies, dass bei einer stark wachsenden Weltbevölkerung einen immer kleineren Anteil pro Kopf für alle Menschen. Dies macht deutlich, dass der Kohlendioxidausstoß in einer menschenärmeren Welt kein Problem darstellen würde. Das im Hintergrund wirkende eigentliche Problem der Welt ist die schon oft beschriebene Bevölkerungsexplosion in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern, die dringend eingedämmt werden muss. Ohne eine Lösung auf diesem Gebiet, wird der Klimawandel nicht zu stoppen sein. Da der Kinderreichtum entscheidend mit dem Wohlstand gekoppelt ist, ist die Bekämpfung der Armut ein überragendes klimapolitisches Ziel.

Auf nationaler Ebene fächern sich die Handlungsoptionen weiter auf. Der nationale Politiker kann internationale Vereinbarungen mittragen oder entsprechend in beide Richtungen abweichen. Eine totale Verweigerungshaltung, wie es in den letzten Jahren die USA bei Kyoto-Protokoll praktiziert haben, kann wahrscheinlich kaum ein Land durchhalten, da es aufgrund des Drucks von Außen zum Handeln gezwungen sein wird. Ein Beispiel für ein politisch und rechtlich nicht korrektes Verhalten ist Kanada. Obwohl es das Kyoto-Protikoll unterzeichnet hat, hält es sich nicht an die eigenen Verpflichtungen. „Trittbrettfahren“ eines einzelnen Landes wird es aber insgesamt wohl eher selten geben. Wahrscheinlicher ist, dass sich wohl Staatengruppen, insbesondere die Schwellenländer, Maßnahmen des Klimawandels teuer abkaufen lassen.
Eine Vorbildfunktion, also über internationale Bestimmungen hinausgehende Reduktionen könnten für Politiker zwar auf internationalem Niveau Annerkennung bieten, im eigenen Land dürfte aber die Umsetzung sich sehr schwierig gestalten, da vermehrt nationale Umstellungskosten entstehen.

Festhalten lässt sich, dass es für die Politik schwieriger wird, nicht nur gilt es der Wirtschaft wie bisher durch das Setzen von Rahmenbedingungen Wachstum zu ermöglichen, sondern dies muss mit einem deutlich verringerten Energieeinsatz bzw. mit einem verringerten Kohlendioxidausstoß gelingen.
Der Klimaschutz gehört zu den Gütern, den der Wohlfahrtsstaat für seine Bürger erzeugen muss.
Letztendlich ist die Klimapolitik immer ein Nachhecheln von wirtschaftspolitischen Entscheidungen. Umweltpolitik ist daher immer reaktive Politik.
Die Begrenztheit der Ressourcen auf der Erde steht scheinbar im Gegensatz zum wirtschaftlichen Wachstumsgebot. Die Ressourcenqualität nimmt auf die Dauer ab, so dass die Umweltpolitik Einzug in allen Fachpolitiken halten muss. Das Wachstum von privaten und öffentlichen Gütern einer Volkswirtschaft darf daher nur so weit gehen, wie sichergestellt werden kann, dass genügend Investitionen in den Ersatz nicht erneuerbarer Ressourcen und zur Erhaltung und Entwicklung des Bestandes an erneuerbaren Ressourcen getätigt werden.

In den nächsten Jahren steigt die Klimapolitik, ob wir es wollen oder nicht, zu einem wichtigen Kriterium erfolgreicher Regierungspolitik auf.

Es gilt den Dreiklang zwischen Wachstum und dadurch ausgelöst erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik und Energieeffizienz zu schaffen, wenn man gelassen seiner Wiederwahl entgegen sehen will. Es ist gut möglich, dass, wenn sich der Treibhauseffekt verschärft, Regierungen wegen mangelhafter Resultate in Umweltfragen abgewählt werden können.

Ein Beispiel für diese Auswirkungen ist die Wahl in Australien im Herbst 2007, in der der konservativen Regierung John Howard auch wegen der mangelhaften Umweltpolitik das Vertrauen entzogen wurde. Eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung war die Ratifizierung des Kyoto-Abkommens. Auch der Präsidentenwahlkampf in den USA im Jahr 2008 wird von der Klimapolitik bestimmt.

Intelligente Politik setzt daher auf internationale Lösungen, die national wirtschaftsfreundlich umgesetzt werden können. Die Zielvorgaben müssen realistisch im Rahmen des Wachstums- und Arbeitsplatzziels umsetzbar sein.

......

Mehr dazu im Buch Klimapolitik
von Dr. Karsten Brandt
Bouvier-Verlag
104 Seiten kartoniert,
ISBN 978-3-416-03138-7
Preis € 14.90
oder im Donnerwetter.de-Shop
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